Die Strategie der Sicherheitsbehörden: Vertuschen und verschweigen?

Der Umgang der Berliner Polizei und Justiz mit dem Neukölln-Komplex ist skandalös.
Wir erwarten Respekt für die Betroffenen und die Umsetzung deren Forderungen! Fast täglich kommen weitere Skandale bezüglich der extrem rechten Anschlagserie in Neukölln ans Tageslicht. Die politisch Verantwortlichen sollten endlich die Konsequenzen ziehen.

ReachOut fragt: Was eigentlich gibt es zu vertuschen?
Während sich die Bedrohungen gegen Politiker*innen, Aktivist*innen und Journalist*innen, Künstler*innen fortsetzen, verweigert das LKA die Aufklärung bezüglich unberechtigter Datenabfragen innerhalb der Behörde zu Betroffenen der Anschlagserie.

Schon im April 2019 hatte Sabine Seyb, die Projektleiterin von ReachOut Strafanzeige gegen einen Mitarbeiter des LKA erstattet. Hintergrund waren Rechercheergebnisse von rbb24 und Kontraste, aus denen deutlich wurde, dass sich ein Mitarbeiter des LKA mit einem dringend Tatverdächtigen der Neuköllner Anschläge in einer Rudower Kneipe getroffen hatte. Der mittlerweile versetzte Oberstaatsanwalt Matthias F. stellte bereits am 24.5.2019 das Verfahren ein. Begründung: fehlende "Subtantiierung" eines begründeten Anfangsverdachts. Der Anfangsverdacht bestand für ReachOut damals darin, dass sich der Beamte der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht haben könnte und Ermittlungen verhindert wurden.

Im Falle der angeklagten Antifa-Aktivist*innen, die am 12.8. vor Gericht standen und freigesprochen wurden, brauchte der gleiche Oberstaatsanwalt F. offenbar nicht einmal eine Strafanzeige, um Anklage zu erheben.

Gleichzeitig steht nun Polizist K. vor Gericht, weil er angeklagt ist, 2017 einen Mann rassistisch motiviert geschlagen zu haben. K. war über mehrere Jahre betraut mit der Anschlagserie in Neukölln und ist offenbar nach wie vor im Polizeidienst.
Detlef M., Polizeibeamter, gibt in einer AfD-Chatgruppe Dienstgeheimnisse preis. Auch in der Chatgruppe befindet sich einer der Hauptverdächtigen der Anschläge in Neukölln.
Und längst vergessen: Ein Beamter des LKA verabschiedet sich Ende 2017 von Kolleg*innen und einem Vorgesetzten ins neue Jahr u.a. mit dem Nazicode 88.
Polizeibeamt*innen rufen Daten ab, um Personen aus dem linken Spektrum zu bedrohen. Und aktuell wird der Berliner Datenschutzbeauftragten keine Auskunft erteilt über unberechtigt erfolgten Datenabfragen im LKA.
Auch die meisten der Betroffenen, deren Fotos, Namen und weitere Informationen auf Datenträgern, die bei einem der Tatverdächtigen der Neuköllner Anschläge gefunden wurden, erhalten bis heute keine Auskunft darüber, welche Daten genau über sie gesammelt wurden. Aber die Betroffenen selbst können in vielen Fällen nachvollziehen wo welches Foto, von wem aufgenommen worden ist. Nur sie selbst können einschätzen, ob sie gefährdet sind. Das scheint jedoch die BAO Fokus nicht zu interessieren. Auch zwei Mitarbeiter*innen von ReachOut haben bisher zu den über sie gesammelten Daten keine weiteren Informationen.
Genug mit der Verharmlosung solcher Vorkommnisse als Einzelfälle!
Sabine Seyb fordert: "Die möglichen extrem rechten Netzwerke und die rassistischen Strukturen innerhalb der Berliner Ermittlungsbehörden und der Justiz müssen endlich untersucht werden und Konzequenzen haben. Um institutionellen Rassismus und extrem rechte Strukturen in den Behörden bekämpfen zu können, müssen sie aufgedeckt und straf- und dienstrechtlich verfolgt werden. Polizeipräsidentin und Innensenator tragen dafür die politische Verantwortung. Die Lösung des Berliner Innensenators nun externe Ermittler*innen irgendwann im Herbst zu beauftragen, ist in Anbetracht der Skandale, die fast täglich bekannt werden, nicht angemessen. Es zeigt einmal mehr, dass trotz aller Maßnahmen, mit denen sich Berlin so gerne schmückt, die Forderungen und die Expertise von Betroffenen und von Projekten, die gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus aktiv sind, offenbar weder gewollt noch ernst genommen werden, so Sabine Seyb.

Seit Jahren wird die Forderung nach Aufklärung und nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ignoriert, verweigert und ausgesessen. Mit der Beauftragung externer Ermittler*innen, so ist zu befürchten sollen die Betroffene weiter hingehalten werden. Dabei warten sie jetzt schon auf die Ergebisse der BAO Fokus.

Durch das seit vielen Jahren anhaltende Vertuschen, Weigern, Schweigen, Verharmlosen innerhalb der Behörden wird die Arbeit von Projekten wie ReachOut torpediert. "Wie sollen und können wir Opfer ermutigen Anzeige zu erstatten und juristische Verfahren durchzustehen, wenn nicht gewährleistet ist, ob ihre Daten von Angehörigen der Ermittlungsbehörden an die Täter*innen weitergegeben werden?", so Sabine Seyb.

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