Pressemitteilung und Aufruf zur Prozessbeobachtung in München: Gegen die Kriminalisierung des Filmens von Polizeieinsätzen

Berlin, den 22.10.2024
Am Donnerstag, den 24. Oktober 2024 findet um 14 Uhr im Amtsgericht München ein Prozesstermin statt. Die Angeklagte, Rena O. war Zeugin eines Polizeieinsatzes gegen zwei junge Männer am Münchner Hauptbahnhof. Sie wird wegen "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" angeklagt, weil sie aus Solidarität mit den potenziell Betroffenen rassistischer Polizeigewalt die Polizeimaßnahmen als Beweismittel gefilmt hat. Die Kampagne „Go Film The Police!“ unterstützt und ermutigt Menschen Polizeigewalt selbstbestimmt auf Video festzuhalten.

Ort: Amtsgericht München, Nymphenburger Straße 16, 80335 München
Zeit: Donnerstag, den 24.10.2024 um 14:00 Uhr
Saal: A124, 1. Stock

Hintergrund: Am 27. April 2023 ist Rena O. am Münchner Hauptbahnhof, als sie laute Stimmen hört. Sie beobachtet einen Polizisten, der in bedrohlicher Haltung vor zwei von Rassismus betroffenen jungen Männern steht. Der Polizist hält einen Schlagstock in der Hand. Sie beschließt, die Situation mit ihrem Handy aufzuzeichnen und gibt anschließend einem der jungen Männer ihre Kontaktdaten, für den Fall, dass sie als Zeugin oder das Video als Beweismittel benötigt wird. Die Polizei erstattet Anzeige gegen sie und versucht sie dazu zu bringen, das Video von ihrem Mobiltelefon zu löschen.

Wir erfahren regelmäßig von solidarischen Zeug*innen, die von der Polizei und der Strafverfolgung kriminalisiert werden, wenn sie (rassistische) Polizeigewalt oder (unverhältnismäßige) Polizeieinsätze/-maßnahmen filmen. Nicht selten werden sie auch mit einer Anzeige wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes“ kriminalisiert. Die Polizei beruft sich dabei immer wieder auf den sogenannten „Abhörparagrafen“ § 201 StGB. Dieser besagt dass, wer unbefugt „das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt“, eine Straftat begeht. Dabei geht es jedoch um das „nicht-öffentliche Wort”, also vertrauliche Äußerungen.

ReachOut, KOP und die Kampagne gegen die Kriminalisierung des Filmens von Polizeieinsätzen "Go Film The Police" kritisieren scharf die missbräuchliche Anwendung dieses Paragraphen als klaren Versuch, eine kritische Öffentlichkeit und Zeug*innenschaft zu kriminalisieren. Polizeiliches Handeln im öffentlichen Raum kann keinesfalls als "nicht- öffentlich" verstanden werden. Videoaufnahmen sowie deren eventuelle Verwendung als Beweismittel vor Gericht und Veröffentlichung dienen dem Schutz übergeordneter öffentlicher Interessen.

Wie wichtig das Aufnehmen von Polizeieinsätzen ist, wird heute deutlicher denn je. Direkt Betroffene und eine kritische solidarische Öffentlichkeit haben ein unbestreitbares Recht, polizeiliche Maßnahmen zu dokumentieren, um Rechenschaft einzufordern. Oft sind Videoaufnahmen die einzige Möglichkeit, um die Perspektive der Betroffenen sichtbar zu machen und die Version der Polizei zu entkräften. „Go Film The Police!“ fordert die Entkriminalisierung von Videoaufnahmen von Polizeieinsätzen durch Zeug*innen und Opfer und das Verbot der Löschung von Videos oder der Konfiszierung von Handys durch die Polizei.

ReachOut und die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt unterstützen und solidarisieren sich mit Rena O. und rufen gemeinsam zur solidarischen Prozessbeobachtung in München auf.

Ansprechpartner*innen:

Natali J. Salazar
Parto Tavangar
Email: natali_jsalazar@reachoutberlin.de
Mobil: 01636401936

www.reachoutberlin.dewww.kop-berlin.dewww.gofilmthepolice.de

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